„Mit den Leuten, die wir haben, schaffen wir das sowieso nicht“ oder „Früher waren die Leute noch von sich aus bis Abends hier, heute gehen sie alle um 16 Uhr“. Kennen Sie diese Sätze? Sie sind oft in Teamleiter- und Management-Runden zu hören. Sie sind schön einfach und der Schuldige ist schnell gefunden.
Damit machen wir es uns als Führungskräfte meines Erachtens zu einfach. Es lohnt ein Blick darauf, was wirklich dahinter steckt. Wenn die Mitarbeiter tatsächlich unfähig und faul sind - warum haben wir sie dann eingestellt? Und waren die Mitarbeiter so, als sie bei uns angefangen haben?
Ich bin der festen Überzeugung, dass das Engagement und die Loyalität von Mitarbeitern zu einem großen Teil vom Umfeld bestimmt wird, in dem sie sich in unseren Unternehmen bewegen. Wir als Führungskräfte gestalten dieses Umfeld. Ergo sind wir diejenigen, die jeden Tag das Engagement der Mitarbeiter positiv wie negativ beeinflussen.
Was kann ich also tun, damit die Mitarbeiter ein Umfeld haben, in dem sie von sich aus gerne ihr Bestes geben? Ich möchte Ihnen mit den folgenden Schritten einen Weg aufzeigen, Antworten zu finden.
Schritt 1: Der Blick auf das eigene Wohlfühl-Umfeld
Halten Sie einen Moment inne und beantworten für sich zwei Fragen:
1.) In welchem Umfeld bewegen Sie sich besonders gerne? Wo fällt es Ihnen leicht, ihr Bestes zu geben? Dies kann die Familie sein. Oder ein anderer Bereich außerhalb des Jobs, z.B. im Sportverein, Feuerwehr oder einem Ehrenamt.
2.) Was sind die Gründe, weshalb sie sich dort wohlfühlen?
Ich nehme an, dass es bei Ihren Antworten folgenden Faktoren eine Rolle spielen:
- Sie wissen warum sie es tun und bewirken etwas Positives
- Sie können Ihre Stärken einbringen
- Sie können mitgestalten
- Sie haben enge Beziehungen zu den Menschen und spüren großes Vertrauen
- Die Gruppe gibt ihnen die Sicherheit, auch mal eine schlechte Phase haben zu dürfen
Diese externen Umfeld-Faktoren sind für uns Menschen von großer Bedeutung, denn sie wirken stark auf unsere intrinsische Motivation. Wir möchten von uns aus zu etwas Gutem, etwas Größerem beitragen. Wir möchten Vertrauen spüren, Sicherheit genießen und das Gefühl haben, als Mensch anerkannt zu sein. Jeder dieser Faktoren befeuert unsere intrinsische Motivation und macht es uns leicht, unser Bestes zu geben.
Schritt 2: Der Blick auf Ihr Unternehmen
Richten Sie nun den Blick auf Ihr Unternehmen. Geben Sie Ihren Mitarbeitern ein Umfeld, in dem Faktoren wie Vision, Vertrauen und Sicherheit gegeben sind? Fördern Sie die Selbstwirksamkeit und Entwicklung der Menschen? Oder gibt es eine zu große Menge an Faktoren, die den Mitarbeitern Energie rauben, sobald sie das Unternehmen betreten?
Um diese Frage zu veranschaulichen, verwende ich gerne das Bild der „Mitarbeiter-Batterie“. Es geht davon aus, dass ein Mitarbeiter jeden Morgen mit 100% Energie zur Arbeit kommt. Sobald er das Unternehmen betritt, verbraucht er die Energie. Die spannende Frage ist:
- Wodurch wird die Energie verbraucht?
- Wieviel Energie geht durch fehlende Vision, Misstrauen, fehlende Sicherheit, interne Politik, Bürokratie und Command&Control-Führung verloren?
- Wieviel Energie bleibt ihm am Ende, die er für seine Arbeit einsetzen kann?
Schritt 3: Den eigenen Anteil erkennen
Zu allen „Engergiefressern“ gibt es Lösungen (siehe „Ladestation“). Manche Faktoren sind im Unternehmen zu finden, viele beruhen jedoch direkt auf unserem Führungsstil. Sind wir klassische Manager oder Leader?
Klassische Manager führen stark über Command&Control und ihre Macht-Position. Es wird ein Umfeld geschaffen, in dem der Mitarbeiter auf eine Funktion, die er zu erfüllen hat. Reduziert wird. Im Fokus steht das reine Ergebnis, das kurzfristige Ziel. Die Ziel-Erreichung wird durch Macht-Spiele und interne Politik flankiert, internes Konkurrenz-Denken herrscht vor. Blickt man auf die Faktoren, die für Menschen wichtig sind, um gerne ihr Bestes zu geben, ist dies kein förderliches Umfeld. Burn-Out, Dienst nach Vorschrift und Fluktuation sind Folgen davon.
Eine Führungskraft, die mit Leadership-Prinzipien führt, steht die Frage im Mittelpunkt: Was kann ich dafür tun, damit meine Leute alles haben, damit sie gerne ihr Bestes geben? Die Antwort geht weit über reine Ressourcen hinaus – sie bezieht den Menschen und das was er braucht, mit ein. Sie achten sehr bewusst darauf, die Energiefresser zu eliminieren. Je konsequenter dies gelingt, umso mehr Energie fließt in die eigentliche Aufgabe, in Kreativität und Weiterentwicklung. Und umso erfolgreicher ist sein Team und erreicht seine Ziele.
Schritt 4: Das Umfeld positiv verändern
Wir als Führungskräfte haben alle Möglichkeiten, „Energiefresser“ zu beseitigen.
Zum einen ist es unsere Haltung gegenüber den Mitarbeitern und unsere Art und Weise der Führung (Manager vs. Leader), die wir sofort ändern können. Es ist unsere Entscheidung, jemandem eine Aufgabe vorzuenthalten, weil wir sie ihm nicht zutrauen oder mit ihm daran zu arbeiten, dass er sie lernt. Wir leben interne Politik vor oder eben nicht. Wir können das alles ändern, ohne dass wir jemanden fragen müssen.
Zum anderen haben wir die Positionen im Unternehmen, um größere Änderungen einzuleiten. Haben wir als Unternehmen eine Vision, die den Mitarbeitern den positiven Sinn ihrer täglichen Arbeit verdeutlicht? Wieviel der internen Bürokratie braucht es wirklich? Mein Lieblingsbeispiel ist der interne Dienstreiseantrag – ein Paradebeispiel für in Software gegossenes, operationalisiertes Misstrauen – ein Energiefresser. Geht es nicht auch mit einem kurzen Gespräch oder einer Email zwischen uns und dem Mitarbeiter, in dem Vertrauen, dass jeder seiner Verantwortung gerecht wird?
Fazit
Mitarbeiter sind (in den allermeisten Fällen) nicht faul oder unfähig. Sie arbeiten in einem Umfeld, dass ihnen zu viel Energie raubt. Es bleibt Ihnen zu wenig Energie dafür, ihre Aufgabe mit Engagement zu erledigen und sich zu entwickeln.
Wir als Führungskräfte gestalten durch unser tägliches Verhalten das Umfeld maßgeblich mit. Und wir haben die Positionen, um die übergreifenden Themen wie eine Unternehmens-Vision oder Bürokratie-Abbau anzugehen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den vier Schritten
- Blick auf das eigene Wohlfühl-Umfeld
- Blick auf das Unternehmen
- Den eigenen Anteil erkennen
- Das Umfeld positiv verändern
und der „Mitarbeiter-Batterie“ eine Anregung liefern, aus dem Impuls „Unsere Leute können oder wollen nicht“ eine dauerhaft positive Veränderung, die Sie anführen können, herbeizuführen.
(Titelfoto von Photo by Thought Catalog on Unsplash)